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"Kunstcomputer"
   
         
23.06.05 - 11:40:00
   
       
   
         
bifurcation • Michael Wagner
   
       
   
             
       

bifurcation




"Kunstcomputer"
von premium @ 23.06.05 - 11:40:00

Damals, in den Sechzigern, waren Computer zwar immer noch sehr teuer, aber viel mehr Firmen konnten sich so eine Maschine leisten: Versicherungsgesellschaften zum Beispiel. Und die stellten den Computer dann in einen eigenen Raum, damit Besucher ihn bewundern konnten. Nur gab es nicht viel zu sehen, also mußten sie irgendetwas tun, um zu beweisen, daß diese Maschine wirklich arbeitet. Und so bauten sie kleine blinkende Lämpchen ein, die nur als Blickfang dienten. Auf dem IBM 360 gab es eine ganze Reihe von diesen Lämpchen, die Unwissende beeindrucken sollten. ...

Geoff Sellers, 1996, Pressesprecher des Boston Computer Museums.
museum_boston

http://www.tcm.org

Die "Elektronengehirne", von denen damals kaum jemand wußte, was sie wirklich können würden, diese Denkapparate begannen bedrohlich zu wirken. Vor allem, weil immer mehr Zukunftsängste in Computer hineinprojiziert wurden. Die anonymen Schränke mit den vielen blinkenden Lichtern waren dankbare Objekte. Es dauerte nicht lange, bis aus den Problemlösern selbst ein Problem wurde. Denn Computer würden dem gläsernen Menschen auch noch den Arbeitsplatz rauben. Ein Jahrzehnt später galten die Ängste nicht mehr dem Arbeitsplatzverlust, sondern dem Datenverlust. Die Gewißheit breitete sich aus, daß Computer auch krank werden konnten - durch bösartige, schwer zu beseitigende Viren ...

Bis in die Mittsiebziger ging man davon aus, daß die Technologie dem Menschen dienen würde. Doch langsam begannen sich Zweifel breitzumachen. Und aus den weißgekleideten Propheten mit den Lochkarten in der Hand wurden nachdenkliche Zeitgenossen.

"Wenn es soweit kommt, daß Computer wirklich selbständig werden, daß sie sich selbständig reproduzieren können, dann können wir ihnen zumindest den Strom abschalten." Konrad Zuse

Erst mit der Entwicklung des PC wurde der Computer zur Maschine mit Persönlichkeit. Der direkte Kontakt und die wenig bedrohliche Erscheinungsform machten ihn zum akzeptierten Gehilfen. Und vom Problemlöser zum Werkzeug. Und zu seinen Werkzeugen entwickelt der Anwender immer ein ganz persönliches Verhältnis. Ein nicht immer friktionsfreies.

Doch nicht immer standen Abhängigkeitsverhältnisse im Mittelpunkt der Mensch-Computerbeziehung. Die millionenteuren Computer der ersten und zweiten Generation waren geknechtete Rechenmaschinen, die penibel überwacht und effizient eingesetzt wurden. Denn Rechenzeit war kostbar. Von heutigen Multimediamaschinen war man so weit entfernt wie zu Sputniks Zeiten vom Mond. Aber in den frühen 70ern wurde alles anders. Die Energie war zwar knapp, aber die verfügbare Rechnerleistung nicht mehr. Es war Zeit für vollkommen neue, revolutionäre Anwendungen. Kunstcomputer, also Maschinen, die Kunst produzierten - am laufenden Band.

Kunstcomputern war ein wesentlich kürzeres Leben vergönnt als der ersten Generation eines neuen Programmtypus: den Spielen. Durch die neugeschaffene Möglichkeit, den Computer abseits von jeglicher Effizienz und Zweckorientierung einfach zur Unterhaltung zu benutzen, wurde das Elektronengehirn entgültig entmystifiziert. Und erst durch Spiele konnte der Computer zum "teuren Freund" werden.

erstellt von matrix, sonntag, 14. januar 1996
matrix_orf_at
http://matrix.orf.at/bkframe/960114_2.htm

"Elektrobarde"
www.netzfit.de/portfolio/blog/art_023.html






   
 
               
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