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... Neben dem Begriff der Metamorphose wird derjenige der Simulation für eine Darstellung interessant, denn die Simulation kreiert selbst ihre Wirklichkeiten.
Simulation ersetzt die Vorstellung des Wahren, Guten und Schönen. Waren sogenannte wahre Bilder bis ins 20. Jahrhundert jene, die das Sein der Ideen und die Welt mit ihren Erscheinungsformen, wie sie die Sinne wahrnehmen, reproduzieren, wird diese Vorstellung von Mimesis mit dem zeitgenössischen Diskurs anscheinend von einem anderen Vorschlag abgelöst, der den fiktionalen Habitus der Erzählungen voraussetzt und in eine Theorie der Metamorphosen übergeht. Was den Prozess beschreiben könnte, eine Darstellung zu thematisieren, die sich selbst genügt und in ihrer Kommunikation keine Referenz beansprucht. Ob etwas wahr oder falsch ist, wird obsolet. Und das heisst auch: Es gibt keine kollektive Norm, kein Selbst oder keine symbolische Ordnung mit universellem Anspruch, die sich für die Subjekte zu Prämissen der Lebensweisen verankern liesse. Also kann auch kein fester Ort, kein festes Ding oder Objekt zum Halt werden. Das Subjekt bleibt unhaltbar verstrickt in die Widersprüche.
Die Subjekte sind nicht mehr Brennpunkt eines reflektierenden Bewusstseins, dessen Spiegel-Metapher zum favorisierten Bild wurde, sie werden zu Rhizomen eines Be Here Now. Oasen eines nicht mehr melancholischen Empfindens im barocken, unversöhnlichen Sein mit Schein.
Ich bin viele und alles andere gleichzeitig, überall und auch virtuell, und zwei sind nicht eins, wenn sie sich einig sind. Diese aktuelle Geste - nett, netter, internet - will ein Subjekt im Plural. Mit anderen Worten: Die Konstitution der Subjekte definiert sich nicht mehr durch die Fähigkeit zur Reflexion und Interpretation, sondern durch die Fähigkeit zur Kreation von mehreren Ichs.
Die Neuen Medien, Virtual Reality, Cyberspace, Internet haben mit ihren Möglichkeiten des Switchings, Samplings, Morphings einen Proberaum eröffnet, in dem sich die Einzelnen mit allem Möglichen zu Unmöglichem verbinden, formen, phantasieren können und mit Entwürfen spielen, Varianten der Subjekte vorzustellen und zu vertreten, was schon einen Unterschied macht: Das Multiple wird als positive Vielfalt verstanden. Der Proberaum der Identitäten ist eben auch Spielraum für neue Erfahrungen, wobei sich zeigt, dass zum Beispiel das 'gender-swapping' Prozesse des Nachdenkens über die sozialen Konstruktionen von 'gender' auslöst und ein Bewusstsein über die Bedeutung von 'gender' für die soziale Kommunikation fördert.
Die Wahrnehmung unterschiedlicher Befindlichkeiten, was jeder und jedem bekannt ist, muss in einem Spielkonzept nicht abgewehrt werden als bedrohlicher und ängstigender Zerfall aller Funktionen, es kann als Probe verstanden werden, sich anders, in Verwandlungen zu zeigen. Die Geste der Inszenierung will keinen Konflikt thematisieren – einige bezeichnen diese Inszenierung deshalb als postmoderne Hysterie –, sie will die Inszenierung als eine Entscheidung gegen die fixen, immer gleichen Bilder und Festschreibungen verstehen. Das Wechselhafte, Unbestimmte, Überraschende wirkt verlockender und wird verführerischer für die Einzelnen. Es sieht so aus, als könnte zwischen einer Vielzahl von Positionen, die sich der Identifikation anbieten, hin und her gewechselt werden, um jede Position einzunehmen, die gefällt, und dabei haben die von den Geschlechterdifferenzen gezogenen Grenzen für die Subjekte nur noch relative Bedeutung. Das Motiv ist die Inszenierung, in der das Fiktionale und das Wirkliche ineinander übergehen. Und was im Netz entsteht kann sich auch ausserhalb bewegen: Lara Croft hat ihre fleischlichen Doubles. ...
Marion Strunk
"Als ob's wirklich weltweit wirksam wär"
http://www.xcult.ch/strunk/texte/wirklich.html
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"10 Jahre xcult"
Ellinor Landmann im Gespräch mit Reinhard Storz.
"Reflexe", Radio DRS2 (30 min.)
http://www.xcult.org/texte/rest/medien/reflexe2.html
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